In diesem Jahr hatten wir nach nunmehr sechs Jahren eine Premiere – das erste Mal bin ich nicht als Tourist beim Hamburger Spring- und Dressurderby gewesen, sondern als echte (zumindest auf dem Papier) Hamburger Deern. Was war ich stolz auf dieses kleine, aber sehr feine Detail. So konnten wir unsere Derbywoche schon von Anfang an sehr entspannt planen, denn die elende Suche nach einer passenden Bleibe konnte ich uns ersparen. Ein Hoch auf eine eigene Wohnung in Hamburg. 😀
Nichts desto trotz waren wir gespannt und freuten uns auf die bevorstehenden Tage auf dem Derbyplatz. Und wir wurden nicht enttäuscht. Das Wetter spielte absolut mit. Am Mittwoch war es noch recht frisch, aber wir hatten genug Anziehsachen für einen richtigen nordischen Zwiebellagen-Look mit – ein weiterer Vorteil, wenn man in Hamburg wohnt. Ab Donnerstag wurde es wunderschön, wir hatten nicht einmal Regen (was echt viel bedeutet im Norden) und ich habe mich wie jedes Jahr trotz mehrfachem Eincremen mit Sonnencreme verbrannt. Wenn man den ganzen Tag in der Sonne sitzt und ab Nachmittag auch kein Baum mehr Schatten spenden kann, ist das wohl so. Naja, nicht zu ändern und irgendwie gehört es auch dazu.
Wir saßen wieder auf dem Besucherwall und genossen die Tage von früh bis spät. Aufgrund der Wettervorhersagen haben wir kurzzeitig überlegt, ob wir uns das Finale am Sonntag – das große Springderby live anschauen sollen oder doch lieber versuchen, unsere Tickets zu verkaufen und es im TV zu schauen. Letztlich entschlossen wir uns dann doch für das Live-Erlebnis und haben auch noch recht gute Plätze (im Schatten) neben der großen Tribüne auf der Wiese gefunden. Dort konnten wir sowohl sitzen als auch stehen und hatten alles gut im Blick. Und wir haben es nicht bereut. Der Sonntag ist doch immer wieder etwas besonderes. Um euch aber nicht wie die Jahre zuvor, das Gleiche zu erzählen, habe ich diesen Beitrag diesmal in Kategorien aufgeteilt. Los geht’s.
Shopping
Wie jedes Jahr gab es wieder etliche Verkaufsstände zahlreicher Ausstatter, Modelabels und führenden Reitsportläden. Diesmal wurde die Verkaufsfläche jedoch merkbar vergrößert. Es gab mehr Aussteller, auch neue, die ich noch nicht kannte oder dort noch nicht gesehen hatte. Und es gab größere Zelte und somit mehr Platz zum Shoppen.
Wie es die Tradition so will, habe ich natürlich auch in diesem Jahr etwas geshoppt. Zum Einen gab es wieder etwas von Springstar: diesmal ein schöner, flauschiger Schal in dunkelblauem Karomuster.
Zum Anderen habe ich mir doch tatsächlich eine neue Reithose gegönnt. Vor allem im Sommer wasche ich meine Hosen sehr häufig, sodass ich eine weitere haben wollte. Die Entscheidung fiel recht schnell auf eine mit dem nicht mehr ganz so neumodischen, aber immer noch aktuellen Gripbesatz. Mehr oder weniger aus Spaß probierte ich eine FullGrip bei Spooks an und musste mit Erstaunen feststellen, dass diese doch tatsächlich passen sollte. Gesehen, für gut befunden, gekauft. Mehr zu meiner neuen Reithose gibt es bald in einem Produkttest. Seid gespannt.
Food
Natürlich muss ich auch über das Essen reden. Ich wäre ja nicht ich, wenn ich es nicht täte. Wobei ich ehrlich gesagt recht wenig von den Derby-Angeboten genutzt habe. Es gab wieder neue Essens-Stände, jedoch sind mir diese teilweise einfach zu teuer. Ich verstehe bis heute nicht, warum man für einen Flammkuchen 8 EUR und für ein wirklich mickrig kleines Stück Pizza 4,50 EUR bezahlen sollte. Und warum es auch noch so viele Leute kaufen. Da habe ich mir doch lieber eine wirklich leckere Ofenkartoffel mit einer sehr leckeren, definitiv selbstgemachten Kartoffelcreme gekauft, die keine 4 EUR gekostet hat. Ansonsten gab es wie immer Gegrilltes, Wraps, Burger (diesmal an zwei verschiedenen Ständen), Pommes & Currywurst, Fischbrötchen, Eis, Frozen Jogurt, Brezeln und und und. Neu war ebenfalls ein Stand vom Erdbeerhof Glantz. Auch diesen fand ich leider zu teuer. Für einen kleinen Eisbecher mit zwei Kugeln Eis und frischen Erdbeeren sollte man fast 5 EUR berappen. Das ist zwar sicherlich eine frische und leckere Alternative zu den sonstigen Angeboten, aber mir dann doch zu teuer. Das schöne an der großen Auswahl ist jedoch, das man nicht das erstbeste nehmen muss sondern sich in Ruhe umschauen kann und trotzdem noch genug Wahl zwischen bezahlbarem, gutem Essen hat. Wir haben es jedoch wie auch schon in den Jahren zuvor gemacht und unser Essen mitgebracht. Nur hin und wieder haben wir uns also den Luxus gegönnt und etwas gekauft.
Sport
Was selbstverständlich nicht fehlen darf, ist der sportliche Aspekt. Es war wie immer ein tolles Turnier. Der Mittwoch war diesmal erstmalig ein kompletter Turniertag, sodass zwei zusätzliche Springprüfungen der Klasse S ausgetragen werden konnten. Es war wieder die Creme de la Creme der internationalen Springsport-Szene am Start. Besonders interessant finde ich das Derby jedoch aufgrund seiner Besonderheit mit dem großen Spring-Derby am Sonntag. Man kann im Laufe der Tage sehr gut erkennen, wie die Reiter so ein Turnier planen und das nicht jedes Pferd für das Derby selbst geeignet ist und somit vollkommen unterschiedlich geritten wird. Manche Reiter nutzten die ersten Prüfungen, um ihre Pferde an den Platz und die besondere Stimmung zu gewöhnen, andere ritten von Prüfung zu Prüfung voll auf Sieg. Was jedoch nicht heißt, dass die Pferde verheizt oder überfordert wurden.
Es war wieder ein sehr faires und vor allem unfallfreies Turnier. Mir fällt auf Anhieb kein Sturz ein, bei dem Reiter oder Pferd mit größeren Blessuren den Parcours verließen. Alle blieben wohlauf, was doch immer sehr wichtig ist. Stürze möchte niemand sehen. Es sollen immer Prüfungen sein, denen jeder gewachsen ist und woran sowohl Reiter als auch Pferde wachsen können. Das wurde auch dieses Jahr wieder geschafft. So ist auch dieses Jahr wieder ein Reiter besonders positiv aufgefallen, wohl auch, weil sie mir bis dato unbekannt war. Sanne Thijssen, eine erst 18-Jährige aus den Niederlanden hat so einige nur Staunen gelehrt. Diese junge Amazone hat so viel Pfeffer im Hintern, dass sie mich ein bisschen an den jungen Bertram Allen erinnert. Beide haben diese Unbeschwertheit, mit der sie an jedes noch so monströs wirkende Hindernis ran reiten. Und das mit einer unglaublichen Leichtigkeit, dass es einfach nur Spaß macht, ihr zu zusehen.
Dann gab es da aber noch die wirklich großen Highlights. Für mich gab es davon zwei Stück. Ein wirklich emotionaler Moment war der Siegesritt des Paares, welches am Samstag den Grand Prix of Hamburg gewonnen hat. Und das nicht, weil die Runden der beiden so toll und ansehnlich waren, sondern vor allem weil es die letzten Runden waren, die diese beiden jemals zusammen gehen würden. Was gibt es für ein besseres Ende einer sportlichen Karriere als der Sieg in einem hochdotierten Springen? Dieses Kunststück schafften Rolf-Göran Bengtsson und sein Ausnahmehengst Casall ASK. Sie gewannen ihr letztes Springen und beendeten die Erfolgsstory dieses tollen Holsteiner Hengstes mit einem Paukenschlag. Besser konnte es nicht enden. Man kann über Pferde sagen was man will, aber eins glaube ich definitiv: sie wissen, was mit uns Menschen los ist. Casall hat seinen letzten großen Auftritt mehr als genossen und ich habe es ihnen doch am Meisten gewünscht. Auch wenn alle anderen Reiter natürlich ebenfalls toll waren und es nicht weniger verdient hätten.
Ein weiteres Highlight war das Spring-Derby am Sonntag. Es ist jedes Jahr auf’s Neue eine ganz besondere Stimmung, wenn jeder dieser mutigen Reiter-Pferd-Paare in den so traditionsträchtigen Parcours startet. Ich war mir sicher, dass es dieses Jahr ein Stechen mit mehreren Null-Fehler-Ritten geben würde und ich sollte Recht behalten. Drei Reiter schafften das Kunststück, von denen zwei nicht ganz unbekannt waren. Gilbert Tillmann mit seinem neuen Derbypferd „Claus Dieter“ (wer denkt sich solch einen Namen aus?) und Nisse Lüneburg – ebenfalls mit einem neuen Derbyexperten „Cordillo“ unter dem Sattel. Beide Reiter hatten bereits das Derby gewonnen. Ebenfalls fehlerfrei blieb der Slowene Pato Muente auf seiner tollen, kleinen Stute Zera. Diese hat mütterlicherseits eine sehr bekannte Oma im Stammbaum: keine geringere als Fein Cera. Unter Peter Wylde gewann sie zahlreiche hochklassige Springprüfungen wie etwa Teamgold bei der Olympischen Spielen 2004 in Athen. Zera hat bereits im vergangenen Jahr Aufsehen erregt, als sie mit ihrem Reiter eine tolle Runde ging und zum Schluss auf Rang 9 landeten, jedoch schon damals den Platz in den Herzen der Zuschauer einnahmen. In diesem Jahr sollte es nun klappen, die beiden gingen ins Stechen und gewannen als einzige mit einer erneuten fehlerfreien Runde. Der Sieg im Derby ist immer eine emotionale Geschichte, doch Pato Muente und Zera schafften es erneut, alle mit ihrer Freude und ihrer Sympathie anzustecken. So nimmt man gern Abschied von einem der tollsten Reitturniere auf dieser Welt.
Bis zum nächsten Mal.
In Hamburg sagt man Tschüss.