Life is what happens to you…

…while you are busy making other plans.

Leben ist das, was passiert, während du damit beschäftigt bist, andere Pläne zu schmieden. So könnte man exakt das beschreiben, was mir in den letzten Wochen und Monaten passiert ist. Wie soll ich es beschreiben und vor allem wo soll ich bitte anfangen?

Es gab da ja so Lebenspläne bei mir. Studium abschließen, Pferd kaufen, Hund kaufen, Familie gründen, glücklich alt werden. Irgendwie sowas in ähnlicher Reihenfolge. Am Anfang stand immer der Abschluss meines Fernstudiums. Okay, das habe ich geschafft. Ich wurde dann aber leider sehr schnell aus meiner rosaroten Blase herausgeschmettert und landete äußerst unsanft wieder in der realen Welt. Der Traum vom großen Erfolg und dem gewünschten Karrieresprung platzte und ich blieb nach wie vor in einer beruflichen Sackgasse. Es kamen einige Umstände, die mir die Realität erneut vor Augen hielten. Dadurch wurde ich wach und erkannte, dass ich auf all das Erreichte verdammt stolz sein kann und vor allem auch muss. Ich bin mehr wert, als ständig untergebuttert und für dumm verkauft zu werden. Dies erkannte ich im Laufe der Zeit dann auch endlich und begann, mein Leben in die eigene Hand zu nehmen.

Das alles führte letztlich dazu, dass ich nun den wohl größten Schritt in meinem gesamten Leben gehen werde: ich ziehe um! Ich verlasse mein geliebtes Zuhause und ziehe nach Hamburg! Ja genau, Hamburg. Diese norddeutsche Stadt, der schon seit langem mein Herz gehört und wo ich mir von Beginn an sicher war, mich dort tatsächlich wohlfühlen zu können, wenn es denn mal soweit sein sollte. Dass dieser Umstand nun doch recht schnell da ist, war etwas ungeplant, aber es ist wie es ist und ich bin glücklich damit. Für mich ist es ein riesen Schritt, denn ich war immer das Kind, dass nie ohne seinen Kirchturm die Stadt verlassen würde. Und ich war auch immer diejenige, von der nie jemand erwartet hätte, dass ich den Mut finde, einmal meine Heimat zu verlassen. Nun ist es soweit und ich freue mich auf dieses unglaubliche Abenteuer.

Ich habe eine tolle, neue Arbeit gefunden und freue mich sehr über diese Herausforderung. Beruflich ist es etwas ganz anderes als ich die letzten 10 Jahre kennen gelernt habe, die Branche ist grundverschieden und auch die Strukturen sind gänzlich anders. Vor allem erhoffe ich mir aber Wertschätzung (die ich bereits in den vergangenen Gesprächen mehr erhalten habe als insgesamt in den letzten Jahren) und Perspektiven. Was will ich mehr? Ich bin gespannt, was mich ab heute erwarten wird und werde euch definitiv auf dem Laufenden halten. 🙂

Zudem muss ich euch mitteilen, dass ich mich vorerst von dem Traum „Eigenes Pferd“ verabschiedet habe, aber dazu gibt es noch einmal einen extra Beitrag.

Liebe Grüße,

eure Steffi

Olympia 2016 in Rio – ein Fazit

Es liegen ereignisreiche Tage an der Copa Cabana hinter uns. Tränenreiche, erfreuliche Tage. Wie die deutschen Kader abgeschnitten haben, konntet ihr schon in meinen vorherigen Beiträgen lesen. Nun möchte ich die letzten Tage noch einmal Revue passieren lassen und auf die zurückliegenden Wettbewerbe im Einzelnen eingehen.

Vielseitigkeit

Den Anfang haben die Vielseitigkeitsreiter gemacht. Das Team hatte wohl innerhalb der deutschen Mannschaft die besten Chancen auf eine Medaille. Eine Überraschung gab es bereits bevor die Wettbewerbe überhaupt los gingen. Statt Andreas Ostholt, dessen Pferd „So is et“ nicht zu 100 % fit war, kam Julia Krajewski ins Team.

Ein kurzer Einblick in die Wettbewerbe: begonnen wurde wie immer mit der Dressuraufgabe, die jedes Reiter-Pferd-Paar bestreiten musste. Mit der entsprechenden Benotung (in der Vielseitigkeit werden Minuspunkte als Maßstab genommen. Eine 100 % perfekte Leistung sind 0 Punkte, je mehr Fehler man macht, desto mehr Minuspunkte werden dem eigenen Konto hinzugefügt.) geht es weiter auf den Geländeparcours. Dieser ist mit einer Zeit limitiert. Kommt man über diese Zeit, erhält man Minuspunkte, ebenso wie für Verweigerungen. Alle Punkte werden in das abschließende Springen übernommen und das Team mit der niedrigsten Punktzahl gewinnt. Im Einzelwettbewerb waren schließlich die best-platzierten Reiter aus den Team-Wettbewerben startberechtigt. Hier zählten die jeweiligen Einzelergebnisse aus den vorherigen drei Teilprüfungen. In einem zweiten Springen wurden letztlich die Einzel-Medaillen verteilt.

Trotz dieser kurzfristigen Umstellung zeigten alle Reiter in der Dressur, was sie können. Den zweiten Wettkampftag begannen sie als führende Nation und gingen in das schwierige brasilianische Gelände. Dieses sollte seine Schwierigkeiten schnell offenbaren, denn lediglich Michael Jung kam fehlerfrei wieder zurück. Sowohl Sandra Auffahrt als auch Ingrid Klimke mussten Verweigerungen in Kauf nehmen. Die Nachrückerin musste sogar frühzeitig die Heimreise antreten, da ihr Pferd „Samourai du Tot“ dreimal verweigerte und somit eliminiert wurde. Ernüchterung nach dem Gelände machte sich im deutschen Team breit. Doch wie heißt es so schön im Sport: vor’m letzten Sprung ist noch nichts verloren. Unsere verbleibenden drei Reiter gingen ins Springstadion und zeigten erneut keinerlei Nerven. Fehlerfreie Runden auf unserem Konto und zu viele fehlerbehaftete Runden auf den Konten der anderen Nationen rührten noch einmal kräftig im Kampftopf um die Medaillen und brachten letztlich einen doch noch versöhnlichen Ausgang für Deutschland. Der schwarz-rot-goldene Kader konnte die Silber-Medaille in der Teamwertung gewinnen – hinter den starken Franzosen.

Richtig spannend wurde es schließlich noch einmal am Ende im Einzelfinale. Dort hatte Michi Jung – unser Goldjunge – erneut Glück und alle Nerven, denn er steuerte seinen „Sam FBW“ fehlerfrei durch den Parcours und konnte sich am Ende glücklich und stolz Olympiasieger 2016 nennen. Herzlichen Glückwunsch an dieses tolle Team, auf das doch immer noch Verlass ist, wenn es um Titel geht.

Und so ganz nebenbei haben unsere Buschis auch noch den Medaillen-Regen für die deutsche Olympiamannschaft eröffnet. Erstaunlich, wie viele Reporter und Klatschblätter auf einmal Ahnung vom Reitsport haben. 😉

Dressur

Die Dressurreiter wurden zwar nicht als haushohe Favoriten gehandelt, konnten jedoch die Erwartungen erfüllen. Drei Medaillen aus zwei Wettkämpfen ist die tolle Bilanz der tanzenden Sportler und ihren Vierbeinern.

In der Dressur waren im olympischen Turnier maximal drei Prüfungen zu absolvieren. Die Prüfungen Grand Prix und Grand Prix Spezial sind dabei vorgegebene Prüfungen, die jeder Reiter identisch zu absolvieren hatte. Beide Prüfungen werden in Prozentpunkten benotet. Diese errechnen sich aus den einzelnen Noten für die Lektionen innerhalb der Prüfungen. So besteht der Grand Prix Spezial aus insgesamt 36 Lektionen, für die es jeweils maximal 10 Punkte von jedem der sieben Richter zu verteilen gab. Die Gesamtpunktzahl wird letztlich in Prozentpunkte umgerechnet, welche das Endergebnis ergeben. Die drei besten Paare einer jeden Nation aus den ersten beiden Wettbewerben waren startberechtigt für die Einzelwertung, in der die Grand Prix Kür geritten wurden. Die Kür ist eine von jedem Reiter selbst zusammengestellte Kombination von Lektionen, zu denen eine auf Pferd und Reiter abgestimmte, spezielle Kürmusik gespielt wird. Es kommt bei Kür somit neben der Reinheit der Lektionen auch auf das Gesamtbild an. Rhythmus von Musik und Gangart sollten übereinstimmen, um ein harmonisches Gesamtbild zu zeigen. Die Kür wird wie die vorherigen Prüfungen ebenfalls nach Punkten benotet und in Prozentpunkte umgerechnet.

Die Teamwertung wurde souverän gewonnen, denn sowohl die Youngster im sowie unter dem Sattel Sönke Rothenberger und „Cosmo“ machten einen tollen Anfang und ritten zwei sehr schöne Runden in Grand Prix und Grand Prix Special. Der ebenfalls noch etwas unerfahrene „Showtime FRH“ unter Dorothee Schneider zeigte sich beinahe unbeeindruckt und überzeugte den Zuschauer mit imposanten Runden im Viereck. Ein gelungenes Olympia-Debüt wurde in der Einzelwertung mit einem tollen 6. Platz gekrönt. Da kommt noch etwas auf uns zu in den nächsten Jahren. Die beiden Altmeister – im Sattel Isabell Werth mit ihrem Drittpferd (!!!) „Weihegold FRH“ und unter dem Sattel „Desperados FRH“ und Kristina Bröring-Sprehe machten den Sack schließlich zu und sicherten sowohl die Gold-Medaille im Team wie auch Silber (Werth) und Bronze (Bröring-Sprehe) in der Einzelwertung. Geschlagen wurden die beiden von dem Paar der Dressur schlechthin: Charlotte Dujardin und ihr „Valegro„. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt zurück – für Valegro rufen in Zukunft saftige Wiesen. Nach so vielen Titeln, gewonnenen Turnieren, Europa- und Weltmeistertiteln sowie zwei olympischen Einzelerfolgen machen Dujardin und seine Besitzer das einzig richtige und verabschieden Blueberry, wie Valegro im Stall gerufen wird, in den wohlverdienten Ruhestand. Er wird mir fehlen, aber ich gönne ihm von Herzen noch viele tolle Jahre auf der Koppel.

Springen

Den Abschluss bildeten wie immer die Springreiter. Nach dem erfolgreichen Nationenpreis in Aachen in diesem Jahr waren die Erwartungen natürlich hoch. Und auch hier wurde sehr kurzfristig eine Änderung in den Personalien vorgenommen. Im abschließenden Training einen Tag vor den Wettkämpfen vertrat sich Marcus Ehnings „Cornado NRW„, weshalb die Veterinärmediziner entschieden, ihn nicht für die Wettbewerbe freizugeben. Somit erhielten Reservereiterin Meredith Michaels-Beerbaum und „Fibonacci“ ihre Chance. So war die ganze Aufregung im Voraus wieder einmal komplett umsonst, denn wieder einmal wurden wir eines besseren belehrt: nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Vorher über die Reserverolle aufgeregt, wird man schneller als man denken kann, befördert und darf doch an den Start gehen…

Ich möchte noch einmal kurz den Modus der Springwettbewerbe erklären. Die erste Prüfung ist eine Qualifikationsprüfung, aus der die besten 60 Einzelreiter hervorgehen und die Startreihenfolge für die Teamwertung festgelegt wird. Alle Teamreiter starten schließlich in den beiden Team-Umläufen, woraus sich die Medaillen für die Nationen ergeben. Die besten 45 Einzelreiter bestreiten hierbei den zweiten Umlauf, ebenso wie die besten acht Teams. Die letzten beiden Prüfungen beginnen für die besten 35 Einzelreiter, von denen maximal drei Reiter pro Nation startberechtigt sind. Hier beginnen alle Reiter wieder bei null Fehlerpunkten. Die sich daraus ergebenden 20 besten Reiter gehen abschließend in den zweiten Umlauf der Einzelwertung, woraus die Medaillen ermittelt werden. Hier gilt: bei Strafpunktgleichheit erfolgt die Ermittlung der Plätze in einem Stechen.

Die Qualifikationsprüfung war für unsere deutschen Reiter kein Problem. Die beiden Umläufe in der Teamwertung gelangen auch gut, jedoch mussten alle noch einmal in ein entscheidendes Stechen um die Bronzemedaille. Kanada hatte das Nachsehen und unsere Springreiter durften seit langem wieder eine Medaille in einem olympischen Turnier in Empfang nehmen.

Die Einzelprüfungen liefen zu Beginn überwiegend gut. Da nur drei Reiter pro Nation an diesen teilnehmen durften, war der olympische Traum für den Routinier Ludger Beerbaum bereits beendet. Sehr schade, wenn man bedenkt, dass er als einziger mit seiner fehlerfreien Leistung im zweiten Umlauf die Mannschaft auf Bronzekurs gehalten hat. Aber so sind die Regeln. Meredith erwischte einen sehr schlechten Start, fand keinen passenden Anritt zum ersten Sprung. „Fibonacci“ konnte mit größter Mühe einen Sturz verhindern und MMB traf die einzig richtige Entscheidung – den Parcours frühzeitig zu beenden. Die Hoffnungen auf eine deutsche Einzelmedaille lagen weiterhin auf Daniel Deußer und Christian Ahlmann, die beide fehlerfrei durch den ersten Umlauf kamen, im zweiten jedoch kein Glück hatten und beide mit einem Umlauf den Parcours verlassen mussten. Die Medaillen gingen verdient an andere Reiter. Auch wenn man es sich gewünscht hätte, waren die Erwartungen eventuell etwas zu hoch. Man hat mit den Springreitern einen Schritt in die richtige Richtung geschafft. Man hat eine tolle Mannschaft gefunden, die sehr harmonisch zusammen passen und agieren und für die vielleicht in vier Jahren die große Stunde schlägt. Mit der Team-Medaille kann man zufrieden sein. Alles weitere wäre eine tolle Zugabe gewesen, aber andere hatten eben mehr Glück.

Fazit

Welches Fazit kann man nach zwei spannenden, nervenaufreibenden, von Ausfällen geprägten olympischen Wochen ziehen? Auf die Buschis ist immer Verlass. Michi Jung hat es einfach drauf, doch muss man wohl nun damit rechnen, dass sein Kumpel „Sam“ bald in seine wohlverdiente Rente geht. Das Buschi-Team war sonst konstanter in ihren Leistungen, hat aber auch gezeigt, wie stark die anderen Nationen mittlerweile sind und dass man nicht mehr allein auf weiter Flur unterwegs ist.

Ein weiterer großer des Pferdesports verabschiedet sich vom Bildschirm. Mit wahrlich dicken Krokodilstränen ritt die Britin Charlotte Dujardin nach der Kür aus dem Viereck – wohl wissend, dass sie wohl zum einen erneut Einzel-Olympiasiegerin ist, es wohl aber auch der letzte große Auftritt des immer noch wunderschön anzusehenden „Valegro“ war. Man hat ihm seine Jahre angemerkt. Er ist keine 10 Jahre mehr und die ungewohnten Wetterbedingungen haben ihren Tribut gezollt. Nichtsdestotrotz hat das Paar noch einmal eine Glanzleistung gezeigt und unsere Dressurdamen Isabell Werth und Kristina Bröring-Sprehe auf die Plätze links und rechts neben ihnen verwiesen. Eine tolle Einzelentscheidung, die auch gezeigt hat, dass unsere Dressur-Equipe toll aufgestellt ist und so einige junge, talentierte Rohdiamanten dort unterwegs sind und uns wohl noch das eine oder andere Jahr ein Tränchen ins Auge zaubern werden.

Und noch ein Abschied – wie sollte es anders sein – diesmal bei den Springreitern bahnt sich an. Was viele schon längst wussten, wissen wollten oder auch nur dachten, hat er nun selbst ausgesprochen. Mister Springsport höchstpersönlich hat seinen Rücktritt aus der Equipe verkündet. Ludger Beerbaum wird zum Ende des Jahres keine Nationenpreise mehr unter deutscher Fahne bestreiten. Und er hat Recht mit seiner Begründung: Reiter-Deutschland hat genügend Nachwuchs, die es wert sind, Platz zu machen. Toller Reiter, tolle Geschichte, tolles Ende.

Der Zusammenhalt im deutschen Team war größer denn je. Jedes Team hat dem jeweils anderen Team, welches gerade mit seinen Wettbewerben am Start war, Glück gewünscht und alle verfügbaren Daumen gedrückt. Auch zu sehen waren Springpferde-Pfleger im Dressurlager und umgedreht. Zwei Hashtags fanden große Beliebtheit und sind es wert, hier Erwähnung zu finden: #twohearts  und #wirfuerd. Mehr gibt es dazu gar nicht zu sagen, außer dass man stolz ist, Teil dieser tollen deutschen Pferdemannschaft gewesen zu sein (oder auch „nur“ ein Fan zu Hause am Bildschirm).

eure Steffi