Die Krux mit dem Solidarität zeigen

Warum muss ich mich eigentlich jedes Mal auf’s Neue auf sozialen Netzwerken wie aktuell Facebook rechtfertigen, wenn ich einfach aus Solidarität bestimmte „Bewegungen“ mitmache? Im Moment ist das ja das Ändern des Profilbildes, indem man die von Facebook eingefügte Möglichkeit nutzt, über das eigene Bild eine französische Flagge zu legen und somit gemeinsam Solidarität zu zeigen.

Warum hast du es geändert?

Weil ich damit auf einfache Art und Weise zum Ausdruck bringen kann, wie sehr mich solche Geschehnisse fesseln und mitnehmen. Sie machen mich sprachlos. Sie machen mich traurig. Sie machen mir Angst. Ich kann den Leuten in Paris und Frankreich nicht helfen, ich wohne zu weit weg und habe auch keine Möglichkeit, vor Ort einen Hilfsdienst zu leisten. Aber ich kann ihnen mein Mitgefühl zeigen, indem ich eben mein Profilbild in den Farben der französischen Flagge einfärbe.

Warum machst du das dann nicht auch für die anderen Länder?

Die Begründung klingt vielleicht doof, aber ich fühle mich mit den Anschlägen in Beirut, Ägypten und wo sonst auf der Welt ebenfalls gerade schlimme Dinge passieren, nicht sooo sehr verbunden wie mit Frankreich. Ich kann es nicht erklären, aber es ist so. Sicher verfolge ich auch dort die Nachrichten und versuche, zu verstehen, was dort vor sich geht. Doch das heißt nicht automatisch, dass sie mir egal sind. Vielmehr möchte ich eigentlich zeigen, dass ich besonders nach Paris ein Zeichen setzen möchte. Und das fängt nun mal die letzten Ereignisse auf und nicht alle gemeinsam. Dazu würde der Platz auf dem kleinen Profilbild gar nicht ausreichen, wenn man jedes politische Vorgehen und jeden terroristischen Vergeltungsschlag in der gleichen Weise würdigen würde. Nur weil ich mit meinem Profilbild zeige, wie ich mich fühle und was ich empfinde, schließt das ja nicht automatisch alles nicht Erwähnte aus. Paris war der Gipfel der aktuellen Gewalt, der bekannte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Und genau das spiegelte die Entscheidung wider, warum ich gerade jetzt mein Profilbild geändert habe. Und warum es nun ausgerechnet die französische Flagge ist.
Ebenso rechtfertige ich meine Beiträge in den sozialen Netzwerken. Natürlich sehe ich mich in keinster Weise dazu gezwungen, meine Beiträge zu begründen, aber ich mache es trotzdem. Um zu zeigen, dass sich viele Menschen aktuell mit der Situation überfordert fühlen und versuchen, ihre Gefühle in eben jenen Postings zum Ausdruck zu bringen. Was bleibt uns denn sonst noch? Wenn wir nicht einmal darüber reden dürfen, was wir fühlen, wie wir Angst haben, was dürfen wir dann noch? Dem Terror ins Auge sehen und dazu beitragen, dass er gewinnt? Ich denke nicht. Ich rede drüber, das ist mein Recht.
Es ärgert mich, dass viele Menschen, die eben gerade dieser Bewegung folgen, ihre Profilbilder mit Landesfarben übermalen und so ihre Gefühle zum Ausdruck bringen, verurteilt werden. Das wollen sie doch. Das wir uns deshalb streiten, in Uneinigkeit verfallen. Doch genau das Gegenteil müssen wir erreichen. Wir müssen akzeptieren, dass einige mit solchen Situationen besser umgehen können als andere. Denen müssen wir beistehen, uns gegenseitig stützen und gemeinsam handeln. Gemeinsam statt einsam sollte die Devise sein. Darüber sollte man nachdenken und nicht, warum jetzt gerade der 20. Post bei Facebook von Frankreich handelt…
Weil es dazu passt, hier mal ein Beitrag einer ganz bekannten deutschen Band mit einem zwar schon älteren Lied, was aber momentan wieder enorm an Bedeutung gewonnen hat:

„Stell Dir vor, daß Brüder endlich Brüder sind.

Nie mehr vergossenes Blut,kein Herz mehr blind.

Stell Dir vor,´ne faire Chance für jedes Kind.
Spürst Du, dass wir damit nicht alleine sind“

Mit absolutem Schock und großer Trauer haben uns die Nachrichten zu den Ereignissen des vergangen Freitags erreicht. In Gedanken sind wir bei den Menschen in Paris. #prayforparis
Posted by PUR on Sonntag, 15. November 2015

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