1:0 für Herrn Pferd

Da kommt man Samstag morgens nichtsahnend in den Stall und denkt, man kann das Wochenende mal ganz entspannt ein paar Stunden später beginnen als sonst und was ist? Herr Pferd hat sich ausquartiert. Was? Ja, genau. So habe ich auch da gestanden.

Sonst habe ich ja die Angewohnheit, samstags immer schon recht früh im Stall zu sein. Das liegt hauptsächlich daran, dass wir am Wochenende für den Weidedienst zuständig sind und unsere Pferde selbst raus bringen und wieder rein holen müssen. Damit sie (vor allem im Winter) dennoch ein paar Stunden auf der Koppel stehen können, bin ich meistens kurz vor 8 Uhr im Stall. Dieses Mal dachte ich mir jedoch, um kurz nach 10 Uhr ist auch in Ordnung, da wir ja derzeit aufgrund des bescheidenen Winters keine begehbaren Weiden haben. Ich fahre also auf den Hof und sehe was? Genau, kein Pferd sondern einen Handwerker in der Box. Okayyy… Mir lief direkt die Hofbesitzerin entgegen und berichtete mir, dass Herr Pferd den Abend zuvor aus seiner Box einen Pool gemacht hatte. Jaaaaa, warum auch nicht??? Niemand weiß, wie er es vollbracht hat, aber Daiquiri – der Zerstörer (wie er nun liebevoll im Stall genannt wird), hat seine Tränke dermaßen von der Wand gerissen, dass direkt die halbe Verrohrung hinterher gekommen ist und sich eine sehr große Menge an Wasser in seiner Box ergossen hat. Da es zunächst niemand mitbekommen hat, stand die Box schon entsprechend unter Wasser. Gott sei Dank wurde sein Schlamassel doch noch entdeckt, das Wasser wurde abgestellt und der Zerstörer wurde in einer anderen Box untergebracht.

Als ich ihn dann am besagten Samstag Morgen in seiner Behelfsbox abgeholt habe, stand er quietschvergnügt an der Tür und guckte mich total stolz an, als wollte er mir sagen: „Guck mal, wo ich bin. Ich durfte umziehen. Ist das nicht toll? Sag, dass das toll ist. Los, sei stolz auf mich.“ Ich musste so lachen, wie er da stand. Als ich ihn dann aus der Box rausholen wollte, fand er die Stallgasse und die ganzen neuen Nachbarn so faszinierend, dass wir gefühlt 10 Minuten für die drei Meter Weg gebraucht haben. Dieses Pferd macht mich echt fertig. Aber natürlich war das noch nicht das Ende. Nachdem ich ihn dann irgendwann überredet hatte, die neue Stallgasse doch zu verlassen und mir zum Putzplatz zu folgen, waren wir dann auch irgendwann fertig zum Reiten. Danach war seine Box soweit wieder hergerichtet, dass ich ihn wieder reinstellen konnte. Aber halt. Was war da los? Die Box, die roch so komisch. Und überhaupt sah die komplett anders aus als vorher. Was war das? Nein, da wollte Herr Pferd mal so überhaupt nicht rein. Da denkt man, man hat den Morgen soweit überstanden, kommt der Kerl mit der nächsten Idee um die Ecke. Und niemand hat jemals behauptet, dass diese Idee gut ist. Wie auch immer. Daiquiri war fest der Überzeugung, dass diese Box nicht die ist, aus der er am Abend zuvor ausquartiert worden war. Und auch nicht die Box, in der er seit Jahren steht. Nein. Nur der braune Kerl nebenan sah genauso wie Charly Brown aus… Sehr merkwürdig, sage ich euch. Ich habe ihn also mit meiner nicht enden wollenden engelsgleichen Geduld Schritt für Schritt in seine Box geschoben, ihn abgesattelt und soweit fertig gemacht. Alles wie immer – dachte ich. FALSCH! Wie konnte ich nur sowas denken. Nein, die Box war ganz und gar nicht wie immer. Da war irgendetwas anders. So anders, dass mein liebster Daiquiri nicht mal in die Nähe seiner Futterkrippe ging. Sonst stürzt er sich beinah auf sein Futter. Diesmal nicht. Mit erneuter Engelsgeduld und ganz viel Überredungskunst hatte ich ihn irgendwann dank Möhren und Roter Bete an die Krippe herangeführt, sodass er zumindest in meiner Gegenwart gefressen hat. Aber sobald ich mich nur einen Meter nach hinten bewegt habe, war er auch schon wieder an der Boxentür. 😀 Also habe ich das Spiel solange wiederholt, bis er zumindest die Hälfte seines Futters gefressen hatte. Man(n) kann sich aber auch anstellen. Der hat jeden einzelnen Zentimeter seiner Box erkundet, als wäre es das gruseligste und aufregendste in seinem ganzen Leben. Ohne Worte. Aber das ist okay. Muss man schon mal so machen… Immerhin hat er mir den Samstag somit doch etwas versüßt und ich hatte einige Lacher im Stall.

1:0 für Herrn Pferd.

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