Valegro – ein Ausnahmepferd geht in Ruhestand

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll… es ist eigentlich fast sowas wie ein Märchen. Nur mit dem Unterschied, dass diese Geschichte zu 100 % stattgefunden hat. Die Geschichte von Valegro und seiner Reiterin Charlotte Dujardin.

Valegro ist ein 2002 geborener KWPN Wallach, der von Negro abstammt. Für mich ist Valegro ein absolutes Traumpferd. Er hat genau das, was ich mir für ein eigenes Pferd wünschen würde. Da ist der wunderschöne Kopf, mit einer ganz tollen, aufregenden, aber nicht zu großen Blesse verziert. Ich mag Blessen, wenn sie einen recht feinen Strich bilden. Dann hat er einen tollen Körperbau mit drei gestiefelten Beinen, was ich ebenfalls sehr mag. Hinzukommen die guten Proportionen, er wirkt immer fast etwas pummelig um den Bauch herum, was ihn im gesamten Exterieur sehr angenehm macht. Immer, wenn ich ihn sehe, denke ich mir, dass er vom Körper sehr weich wirkt. Nicht so globig oder gar klotzig, wie manch andere Dressurpferde. Und dann hat er diesen unglaublich dichten Schweif, der auch für ein Sportpferd immer verhältnismäßig lang gehalten wurde, was ich persönlich bei diesem dicken Schweif absolut toll finde. So kommt er noch besser zur Geltung. Letzten Endes hat er dazu noch eine tolle Fellfarbe, was ihn zu einem Gesamtkunstwerk hätte ich fast geschrieben, macht.

Doch sein Aussehen ist natürlich nicht das Einzige. Was zu seiner tollen Persönlichkeit in Form seines Körpers und seiner Präsenz dazu kommt, sind seine unglaublichen Gänge und das Talent für den ganz großen Dressursport. Es gibt zur Zeit viele tolle Dressurpaare, doch nie habe ich ein Paar von Anfang bis zum Ende einer Kür, eines Specials oder sonst einer Prüfung im Viereck gesehen, was so harmonisch arbeitet wie Charlotte und Valegro. Mit einer Leichtigkeit legen die beiden eine perfekte Runde nach der anderen ab und knacken einen Weltrekord nach dem nächsten. Und dabei sieht man weder Valegro noch Charlotte an, dass hinter all dieser Akrobatik auch wirklich Arbeit steckt. Doch genau so sollte es aussehen. Kein Gekrampfe, kein Gewerkel, kein Gezuppel oder Gewürge. Es sollen kaum Hilfen erkennbar sein, das Dressurpferd soll wie von allein tanzen. Und tanzen kann man bei Blueberry, wie er liebevoll im Stall genannt wird, wirklich sagen.

Ich weiß nicht, wann ich die beiden zum ersten Mal so richtig wahr genommen habe. Aber seitdem haben sie mich in ihren Bann gezogen und ich muss doch jedes Mal auf’s Neue sagen, dass sie fast immer besser sind als unsere deutschen Reiter und Reiterinnen. Und das, obwohl alle auf sehr hohem Niveau mittlerweile reiten und in ihrem Können und mit ihren Pferden sehr gut mithalten können. Doch ich bleibe dabei, wenn Valegro auf dem Startzettel steht, wird es schwer für alle verbleibenden, an die Spitze zu kommen.

Aber das wird sich leider sehr bald ändern. Nach drei Goldmedaillen bei Olympischen Spielen (2016 Einzel, 2012 Einzel, 2012 Mannschaft), zwei Weltrekorden (87,460 % im Grand Prix und 94,300 % in der Grand Prix Kür bei der Olympia London International Horse Show 2014) sowie zahlreichen Europameister- und Weltmeistertiteln ist es nun Zeit, Abschied zu nehmen. Valegro hat seine aktive Turnierkarriere bereits beendet und wird zum Ende des Jahres im Rahmen der Olympia London International Horse Show verabschiedet. 14 Jahre sind zwar bei Weitem nicht das automatische Ende eines Sportpferdes, doch machen Charlotte und Valegro’s Besitzer alles richtig. Was könnten die beiden noch gewinnen? Nichts. Sie haben in den vergangenen 5 Jahren alle wichtigen Titel gewonnen, die es zu gewinnen gibt. Und wie heißt es so schön: wenn es am Schönsten ist, soll man gehen. Aus diesem Grund kann ich die Verabschiedung absolut verstehen. Valegro bleibt weiterhin in Besitz von Carl Hester (Charlottes Trainer und ebenfalls Mitglied des britischen Dressurkaders) und Roly Luard und wird uns zumindest bei größeren Events und Dressurveranstaltungen erhalten bleiben.

Es ist schade, so ein Ausnahmepaar gehen zu lassen, doch es ist genau der richtige Zeitpunkt. Man muss ein Pferd nicht solange reiten, bis es durch Verletzungen unreitbar wird. Lieber jetzt verabschieden, solange er noch fit und munter ist, sodass er auch noch viele schöne Jahre als Rentner genießen kann.

Gute Reise lieber Blueberry!

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